Mediation ist oftmals eine begleitete Verhandlung. Doch was, wenn der Mediator fehlt? Können die Verhandelnden selbst einen Teil der Methoden übernehmen?
Es erfordert ein großes Maß an Selbstdisziplin, in Verhandlungen nicht in einen Positionskampf zu verfallen, wenn Gefühle von Ungerechtigkeit hochkochen. Und doch lohnt es sich, ein Stück Distanz zu wahren und immer wieder herzustellen (William Ury nennt das „innerlich auf den Balkon gehen“) und sich sowohl der eigenen Interessen zu erinnern als auch sich dem Verständnis des Anderen zuwenden. Wirklich gute und nachhaltige Lösungen können nur aus dem Verständnis der gesamten Situation entstehen.
Eine der effektivsten Möglichkeiten, sowohl diese innere Distanz herzustellen als auch einen echten Verständnisprozess zu initiieren ist die Loop of Understanding (Schleife des Verstehens), bei denen der Verhandelnde sich für einen Moment komplett dem Anderen zuwendet. „Sie wollen also…“ könnte eine Eröffnung sein, um den momentanen Stand des Verstehens zusammenzufassen und dann dem anderen intensiv zuzuhören. Hier kommt Selbstdisziplin ins Spiel. Für eine kurze Zeitspanne geht es einmal nur um den Anderen, der Impuls zur direkten Antwort wird nach hinten verschoben und die Neugierde auf den Anderen und seine Interessenlage erhält die Bühne.
Der Beitrag „Die Interessen der Anderen: Was genau ist für den Anderen entscheidend? Struktur, Deeskalation, Selbstklärung und Erweiterung des Lösungsraums in einem Schritt“ von Felix Wendenburg und Hansjörg Schwartz ist erschienen in: Verhandlungstools, Peter Knapp (Hrsg.), Bonn 2017, 81-86